TB-Kind gut versorgt – Helfer kommen wie vom Himmel
Juli 2013
Unsere Studenten Chiranjib, Anindita und Kallol hatten schon gute Vorarbeit geleistet, um unser Krankenhaus wieder reich mit Kindern und Schwangeren zu füllen.
Wir hatten gleich ein 3-tägiges Ernährungsseminar, wo Kinder und Mütter stationär aufgenommen wurden. Es stellte sich heraus, dass sie zuhause ihren Kindern nur Reis und Kartoffeln mit Linsen anbieten und um die notwendige Ernährung für eine gesunde Entwicklung des Kindes nicht wissen. Mit vielen Bildern demonstrierten wir die Mangelerkrankungen und ließen die Mütter der mangelernährten Kinder ihre eigenen Geschichten und Erfahrungen erzählen. Voll Vertrauen öffneten sie sich und berichteten von ihren Nöten zuhause.
Gemeinsam wurde Hallwa, eine eiweiß- und vitaminreiche Nahrung für die Kleinkinder zubereitet - unsere Küche war reichbevölkert und alle Frauen wollten kräftig im Kochtopf mitrühren. Zufrieden saßen alle mittags auf der Veranda und konnten sich sattessen. Nach 3 Tagen bekamen sie auch eine Ration mit nach Hause, um zu demonstrieren, was im täglichen Essen auf low cost Basis vorhanden sein sollte.
Küchengärten sind der Renner
Aus Deutschland war auch wieder die Gärtner Familie Bucher angereist und gleich eifrig dabei in den Dörfern wieder Gärten mit Obst und Gemüse anzulegen. Die Resonanz war erstaunlich groß, in einem Dorf waren bereits 80% der Familien bereit, gleich wieder einzusäen. Auch waren schon Moringa Jungbäume vorgepflanzt, um nun weitläufig in Einsatz zu kommen. Unser vitamin-, protein- und mineralstoffreiches Moringapulver hat bei den Frauen auch gleich Resonanz gefunden.
Reis – sonst nichts!
In mehreren Dörfern habe ich besonders die Säuglinge unter einem Jahr angeschaut und musste feststellen, dass 60% im Wachstum deutlich zurück sind, was schon auf eine Mangelernährung hinweist, die durch fehlende Zusatznahrung ab dem 6. Monat bedingt ist. Den Kindern wird nur Reis angeboten, sonst nichts!
Im Krankenhaus haben wir nun wöchentlich eine Ernährungstag für Schwangere und Kinder und einen Säuglingstag für das Erlernen der Zusatzkost. Es macht ganz viel Freude, unser Krankenhaus so voll zu erleben, wenn es auch unseren Family doctor Dr. Sitaram ganz schön ins Schwitzen bringt, der jedoch treu jeden Patienten gründlich anschaut.
Ausbildung für unser Krankenhaus-Team
Eine große Bereicherung war der Besuch der deutschen Ärztin Ingrid, die täglich eine Unterrichtseinheit für unsere Studenten abhielt. Diese waren ganz begeistert, da sie so einen teamorientierten und interaktiven Unterricht nicht gewohnt waren.. Sie haben sie richtig verehrt! Gleichzeitig hat Ingrid im Labor mit unserem Laboranten die Sputumteste eingeführt und auch Jayanto, unseren neuen Assistenten, gut eingelernt. So wird unser Team immer besser gewappnet, die vielen mangelernährten und tuberkulosekranken Kindern früh zu erkennen und ihnen die richtige Hilfe rechtzeitig anzubieten.
Mit Geduld zur neuen Tuberkulose-Lizenz..
Unser Röntgenraum ist fertig eingerichtet, es hapert mal wieder mit der Genehmigung. Nach vielen Anrufen bei der zuständigen Behörde stellte sich heraus, dass unser Antrag verloren ging. Also füllten wir einen neuen aus und dürfen weitere vier Wochen warten, bis er genehmigt wird. Das Geld dafür hatten wir bereits mit einem Scheck abgeholt und nun muss es mit viel Formalitäten und Anträgen bei der zuständigen Bank wieder dort deponiert werden.
Die staatliche Genehmigung auf Anerkennung unserer Tuberkulose-Diagnostik war bereits erteilt, wurde jedoch von dem neuen zuständigen Chief Medical Officer wieder zurückgenommen, da beide miteinander in Disharmonie leben. Meine wöchentlichen Besuche beim untergeordneten Medical Officer waren recht freundlich und wohlwollend, er meinte, ich solle mich nicht sorgen, er bemühe sich um die Sache und solle nicht mehr anrufen, er käme die nächsten Tage mit dem Chief Medical Officer , was jedoch nicht erfolgte..? Geduld ist mal wieder gefragt!!
Auf in ein neues Dorf
Auf Einladung unseres Freundes Boro haben wir ein neues Dorf besucht, wo noch viel Tuberkulose und Lepra vorhanden ist. Bis tief in die Nacht haben wir Sprechstunde und unsere Studenten Aufklärung über Tuberkulose gemacht. Einige kamen gleich auch am nächsten Tag in unser Krankenhaus. Ein junger Mann hatte sich mit der Hand an einem Stromkabel tiefe Verbrennungen zugezogen, als er dieses nichtwissend ergriffen hatte. Täglich kam er dankbar zu uns, damit wir seine Wunden verbinden konnten und durfte schließlich eine schöne Heilung miterleben.
Unser Aktionsraum in neue Dörfer war diesmal deutlich eingeschränkt, da Wahlen anstanden und es zu Einschüchterung für die Gegenkandidaten, Gewalt und Häuserbränden in den Dörfern kam.
Frauen ohne Stimme
Ein schwer mangelernährtes Kind haben wir von der Straße weg zu uns eingeladen und Mutter und Kind erst mal gut gesättigt. Jedoch wurde ihr ein weiterer Aufenthalt von der Familie nicht erlaubt. Solange sie sich auf den Beinen halten kann, muss sie für die Familie kochen und arbeiten gehen, egal wie krank das Kind ist.
Operation geglückt
Im Krankenhaus hatten wir ein 14-jähriges Mädchen mit starken Rückenschmerzen und Atemnot. Wir verlegten es ins Regierungskrankenhaus, wo das Kind mit vier weiteren Patienten in einem Bett lag ohne weitere Diagnostik oder Therapie. Also holten wir es zurück und brachte es in eine private Klinik, die uns nur eine weitere Verlegung empfahl. Manchmal ist es eine Odyssee bis wir Hilfe für unsere kleinen Patienten bekommen. In Kalkutta haben wir durch unseren befreundeten Kinderneurologen Dr. Swapan ein gutes Standbein in seiner Kinderklinik, wo er tätig ist. Dort wurde das Kind hin verlegt und gleich ein MRT gemacht, wo sich mit weiteren Untersuchungen eine Wirbelsäulen Tuberkulose an mehreren Wirbelkörpern herausstellte. Sogleich konnten wir eine dringend notwendige Operation durch einen Neurochirurgen veranlassen, die nach sechs Stunden operativer Wirbelversteifung erfolgreich verlief und dem Kind eine Lähmung und schmerzhaftes Sterben ersparte. Die Eltern sind aus einem fernen Dorf und haben kein Geld für eine Diagnostik oder Therapie, noch verstehen sie die Zusammenhänge und Notwendigkeiten der Krankheit. Zum Glück haben sie Vertrauen in uns und lassen uns das Kind!
Tuberkulosekinder kommen zahlreich
Am nächsten Tag ein 13-jähriges Mädchen mit starken Kopfschmerzen, das wohl vor Monaten eine Meningitis gehabt hätte. Die Krankengeschichten sind sehr schwer zu erheben, wesentliche Fragen bleiben oft unbeantwortet. Ein Mantoux-Hauttest auf Tuberkulose war positiv, so dass wir auch sogleich in der Uniklinik, 60 Kilometer entfernt ein MRT anfertigen ließen, was eine Impression des Atlas-Axisgelenks an der Halswirbelsäule zeigte und das Rückenmark war bereits zur Hälfte eingedrückt. Das Kind zeigte deshalb schon Lähmungen an Armen und Beinen. Wir haben dieses Kind in die Obhut der German Doctors gelegt, wo ebenfalls beim gleichen Neurochirurgen eine Operation geplant wurde. Ich habe das Kind noch vor meinem Abflug in der Klinik besucht, wo bereits eine Traktion-Streckung der Wirbelsäule ein Entlastung brachte. Stolz zeigte sie mir, dass sie Finger und Arme bereits wieder bewegen konnte. So besteht Hoffnung, dass die Operation und Entlastung des Rückenmarks eine Heilung bringt und die Behandlung der Grundkrankheit, der Tuberkulose.
Wie vom Himmel geschickt..
Am Wahltag war unser Krankenhaus verwaist, alle gingen zur Wahl in ihr Dorf, es blieb eine Hilfsschwester noch übrig. Wir hatten am Vortag ein 7-jähriges Kind aufgenommen, das nun deutlich eine Meningitis entwickelte. Aus der Not entschloss ich mich ohne Lumbalpunktion für ein sofortige Therapie, jedoch als ich die besuchenden Eltern sah, erinnerte ich mich an sie, dass drei Familienmitglieder dort TB haben und vermutete nun eine tuberkulöse Meningitis. Also musste ich doch das Kind erst versorgen und dann verlegen. Wie von unsichtbarer Hand gelenkt, erschien Nilu mein Gesundheitshelfer aus einem Dorf und Pankaj, ein Patientenvater, der gerne mithilft, da wir seinem Kind eine lebensrettende OP ermöglicht haben. Mit beiden tatkräftigen Männern konnte ich die Infusion legen und das Kind in mein Auto legen und sogleich ins staatliche Krankenhaus bringen. Sie bekam sogar ein Einzelbett, ein diensthabender Arzt war gerade nicht da. Ich kannte ihn und konnte ihn telefonisch bitten, zu kommen und unser Kind zu versorgen. Auch dort müssen die Medikamente außerhalb in einer Apotheke gekauft werden, sonst bleibt das Kind unbehandelt. Die Eltern können dieses Geld nicht aufbringen.
Ärztesuche läuft auf Hochtouren
Wir suchen weiter nach einem indischen Kinderarzt, der täglich unsere Kinder im Krankenhaus medizinisch versorgt. Die wenigen Kinderärzte umwerben wir eifrig und hoffen, dass einer von ihnen sich entscheidet, mehrtägig zu uns zu kommen.
Wir freuen uns sehr über die ärztliche Verstärkung aus Deutschland und wollen diese tatkräftige Unterstützung weiter ausbauen, besonders auch für die neu entstehende Entbindungsstation.
Resümee
PDF-Dokument [3.7 MB]