Liebe macht flinke Beine

Februar 2016

Dorfbesuche

Wir sind wieder in 21 Dörfern unterwegs, wo wir ein Ernährungsprogramm für mangelernährte Kinder und Schwangere mit Längen- und Gewichtsmessungen als auch Untersuchungen zur Anämie durchführen. (Dies ist die Doktorarbeit von Silvi und Caro in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim). Beim Eintreffen im Dorf kommen uns schon die Kinder entgegengesprungen und begleiten uns fröhlich ins Dorf hinein.

Auch nach 22 Jahren komme ich immer wieder ins Staunen, wenn ich mir diese Menschen anschaue: Eine Mutter mit Kind im Arm in ihrem bunten Sari, barfuß bei 12 Grad Kälte in einer würdevollen aufrechten Haltung, ganz natürlich - um nichts anderes wissend - in diesem armen Leben stehend, was für sie Heimat ist.

Schwein und Hund tollen miteinander herum, ein wunderschön bunter Hahn stolziert über die zusammengebeselten Blätter, die zum Feuer machen dienen, das in der Abendkälte wärmt und gleichzeitig den Reis zum Kochen bringt. Das bedeutet eine Hauptmahlzeit mit Reis, etwas Kartoffel und eventuell Linsen. Neben unserem Dorf check up schläft ein Mann in seiner komplett zusammen gefallenen und offenen Hütte und lässt sich von uns nicht stören. Die Kinder spielen und lachen, als gäbe es keine Armut und keine Unterernährung.

Bei unserer ersten Untersuchung stellten wir fest, dass ca. 80% der Kinder mangelernährt waren und eine Anämie aufwiesen. Nach einem Jahr Ernährungsprogramm mit Vitamin-und Mineralzusätzen sind die Kinder deutlich gewachsen und zeigen auch einen deutlichen Hämoglobin-Anstieg. Während dieser Zeit haben sie auch viel Vertrauen zu uns gefasst und suchen uns bei Krankheit in unserem Krankenhaus auf.

Wiedergefunden: Unser Frühchen

Bei unserem Dorfbesuch finden wir eine Frau, die ein kleines zartes Kind im Arm hält. Sie lacht uns ganz vertraut an. Wir hatten sie vor 4 Monaten bei uns im Krankenhaus als Schwangere aufgenommen, da sie einen hohen Blutdruck hatte, der für Mutter und Kind gefährlich werden kann. In der Nacht war ihre Fruchtblase geplatzt und wir brachten sie in der 32. Schwangerschaftswoche ins staatliche Krankenhaus. Dort bekamen wir eine Einweisung für die weiter entlegene Uniklinik, wo eine Frühgeborenen-Versorgung möglich war. Dort angekommen, hat sie gleich ihr Kind entbunden. Wir waren froh, sie rechtzeitig verlegt zu haben forschten dann nach, um zu erfahren ob das Kind überlebt hat. Nun finden wir es vor, sehr mangelernährt und klein und erfahren, dass es mit einem Gewicht von 1100g nach einer Woche aus diesem Krankenhaus direkt ins Dorf nach Hause entlassen wurde. Es ist wie ein Wunder, dass es überlebt hat.

Bei uns in der Ambulanz erscheint ein 11-jähriger Junge, Joydeb, mit Schmerzen im Nacken und einem dicken Lymphknoten am Hals, aus dem es herauseiterte. Er war auch sehr abgemagert. Bei den Röntgenuntersuchung zeigte sich, dass 2 Wirbelkörper zusammengefallen waren und in der Lunge dicke Lymphknoten. Schon längere Zeit leidet er an dieser Tuberkulose und ist ohne Behandlung. Wir konnten ihn bei den German Doctors in Kalkutta unterbringen, wo er intensiv und gut betreut wird.

Liebe macht flinke Beine

Wir haben den 4-jährigen Sundip mit einer Halbseitenlähmung bei uns stationär, der anfangs viel weinte und nicht zugänglich war und sich am liebste hinter der Mutter versteckte. Langsam taute er auf und bekam durch unsere Kinderkrankenschwester Dagmar reichliche Spielanleitungen, wodurch er freudig seine Hände einsetzte und aktiv wurde.

Dann verliebte er sich in die 3-jährige Bristi, die wegen einer Knochentuberkulose bei uns ist und gerade ihre zweite Operation hinter sich hatte. Nicht zu bremsen krabbelte er zu ihr, um mit ihr zu spielen. Auch der Gips an ihrem Bein hinderte Bristi nicht, die neue Freundschaft zu gemeinsamen Ausflügen zu nützen. Sundip erklärte uns nun täglich, Bristi heiraten zu wollen, was ihn zu ungeahnten Kräften verhalf!

Ein 3 Monate altes Kind mit einer Gehirnblutung nach der Geburt hatte eine so starke Behinderung, dass es nicht schlucken und trinken wollte. Zuhause wäre es sicher verhungert, es bekam von Dagmar gleich eine Magensonde gelegt, um die nötigen Milchmengen zu infundieren. Viele Stimulationsversuche halfen nichts und wir hatten schon Sorge, wie es nun zuhause weitergehen sollte. Doch stetiges Mühen lohnte sich, plötzlich setzte der Saugreflex ein und es trank seine Milchflasche ganz hungrig aus, was uns alle sehr freute.

Fünf-Jahres-Jubiläum

Am 11. Februar feierten wir das 5-jährige Jubiläum unseres Krankenhauses. Wir wollten es für unsere Patienten, Mütter und Kinder, schön gestalten und richteten einen festlichen Tisch vor unserer Mariengrotte, wo alle Kinder und Mütter Platz nehmen durften und von unseren Mitarbeitern bedient wurden. Es gab Lammfleisch und verschieden Gemüsesorten, was sie zuvor noch nie zu essen bekommen hatten. Dazu noch einen besonderen Kuchen…

Es hat allen sichtlich geschmeckt, dann wurde noch ein schönes Kulturprogramm mit Tabla-Musik und klassischem indischen Tanz vorgeführt. Unsere Mütter sangen mit und unser Personal entpuppte sich als wunderbare Tänzer. Allen hat es Freude gemacht, zumal es ein wahres Fest für unsere bedürftigen Patienten war.

Auf Vordermann gebracht

Unsere deutsche Krankenschwester Dagmar hat es sich nicht nehmen lassen unsere Inneneinrichtung wieder auf Vordermann zu bringen. Die verrosteten Betten und zerschlissenen Matratzen konnte sie nicht sehen “das geht ja gar nicht“ und hat, nachdem sie grünes Licht bekam, kurzerhand die Betten hinausgebracht und Handwerker herbeibringen lassen, die abschleiften und neu lackierten. Die Matratzen wurden zum Aufpolstern gebracht. Als ich abends in dem Laden war, musste ich leider sehen, dass sie im Dreck außen lagen und Hunde darauf kampierten. Jedoch wurden sie am nächsten Tag frisch bezogen und sauber wieder zu uns ins Krankenhaus gebracht.

Unser Volontärs-Team

Wir hatten ein schönes Team aus Deutschland mit der Ärztin Waltraud Merkle, die in der Ernährungsstudie die Frauen betreute und im Krankenhaus eine gynäkologische Sprechstunde abhielt. Caro (Ernährungswissenschaftlerin) hat die Ernährungsstudie begleitet. Wir konnten feststellen, dass die Kinder gut gewachsen sind, nur wenig Gewicht zugenommen hatten, jedoch ihre Anämie sich meist gebessert hatte. Kinder mit Herzfehlern konnten wir herausfischen, die nun die nötige Herzoperation erhalten.

Mit Christina haben wir wieder unser Kinderärztin aus Dresden für ein halbes Jahr bei uns, die sich gleich tatkräftig um unser kleinen Patienten kümmerte, sowie auch die Ausbildung unsere Dorfgesundheitshelfer unterstützen möchte.

Mit starken Herzenskräften hat sie ein ausgetrocknetes und schwer krankes Frühgeborenes nach Kalkutta gebracht, das jedoch deutlich seinen Lebenswillen zeigte, um eine Aufnahme und intensivmedizinische Versorgung in einem großem Krankenhaus zu ermöglichen.

Mit uns muss Gott sein...

Unser Laborant Debashis zeigt sich immer engagierter, um die nötigen Lizenzen zu besorgen und zu beantragen. Er ist mittlerweile unserer Arbeit so verbunden, dass er spontan und jederzeit seine Hilfe anbietet. Mit uns muss Gott sein, sonst könnten diese vielen keinen Wunder nicht geschehen..… war sein Kommentar.               

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