Das Krankenhaus ist voll. Alle Lizenzen sind da!

Juli 2014

Diesmal reisten Anne und Rolf Bucher und Caroline Stiller mit, um unsere Ernährungsprogramme mit neuen Küchengärten und nährstoffreichen Rezepturen weiterzubringen. Gleich am ersten Tag erlebten wir ein volles Krankenhaus. Es waren 103 Patienten in unsere Ambulanz gekommen, unsere lokalen Ärzte waren uns treu geblieben, so konnten wir zusammen den Ansturm gut bewältigen. 

Eine junge 19-jährige verzweifelte Frau, Mungli, mussten wir mit ihrem 1-jährigen Kind aufnehmen. Sie war von ihrem Mann verlassen worden, und auch ihre Eltern waren auseinandergegangen, so dass sie keine Bleibe mehr mit ihrem Kind hatte. Sie hatte einen geschwollenen Unterarm und meinte, ihr Mann habe sie vor Monaten geschlagen. Im Röntgenbild zeigte sich ein zystischer Tumor, so dass wir sie mit Verdacht auf einen bösartigen Tumor nach Kalkutta in ein Krankenhaus zur Biopsie brachten. Es wurde ein Teil des Unterarms (Elle) entfernt und wir hoffen sehr, dass wir sie noch rechtzeig für die weitere Therapie verlegt haben, bevor eine Streuung des Tumors eingesetzt hat. 

Freudiges Wiedersehen mit Mina

Ein freudiges Wiedersehen gab es mit Mina, unserer TB-Langzeitpatientin. Sie hat nun ihr Gewicht verdoppelt und kann schmerzfrei aufrecht herumlaufen, obwohl zwei Wirbelkörper durch die Tuberkulose zusammengebrochen waren. Ihr kleinstes Kind Rupa ist zum Krankenhausliebling geworden und singt und erzählt unaufhörlich und sonnt sich in seiner Beliebtheit. 

Zum Dank ein Entenpaar

Sukhi, die Patientin mit einer ausgedehnten Verbrennung an Beinen und Rücken, kam nur noch 2-tägig, um ihre letzten kleinen offenen Hautstellen verbinden zu lassen. Dabei bleibt sie meist einen halben Tag bei uns, um alle Patienten reihum zu besuchen und mit ihrem fröhlichen Lachen anzustecken. Aus lauter Dank hat sie uns 2 Enten mitgebracht, die jedoch im Krankenhaus nicht den angemessenen Wohnraum fanden.

Unsere Sr. Lissy hat sie dann mit in den Konventgarten genommen. Doch auch diese heiligen Hallen sind nicht sicher, eine Ratte hatte die eine Ente recht kräftig angebissen. Jegliche Erste Hilfe Versuche von unserer Ernährungsstudentin Caro mit Schienung des Beinchen und Einflößen eines Antibiotikums halfen nichts. Die verbleibende Ente brachten wir dann ins Dorf, wo jedoch ihr Schicksal auch rasch besiegelt schien.

Schwangerschaftsvorsorge – nun mit Ultraschall

Einmal sonntags im Monat bekommen wir Besuch von einem Neuropädiater, Dr. Swapan aus Kalkutta, da wir viele neurologische Kinder haben mit Folgen von Geburtskomplikationen. So können wir auch einem Kind mit Meningo-myelocele durch eine Operation helfen. Diese angeborenen Defekte entstehen oft durch Folsäuremangel in der Schwangerschaft. Mit unserer Schwangerschaftsvorsorge wollen wir den Kindern einen besseren Start ins Leben ermöglichen. 

Die jungen Frauen sind untergewichtig(ca. 38 kg), mangelernährt und leiden oft an Anämien. In 6 Dörfern haben wir nun Ernährungsprogramme, wo wir die Schwangeren und die Kinder bis 3 Jahre mit einbeziehen. Neben einer protein- und vitaminreichen Nahrung bieten wir Zusatzvitamine und Mineralien an. Im Krankenhaus haben wir zweimal die Woche Training in Hygiene, Ernährung und Notfällen. Wir kochen zusammen und bieten eine ärztliche Untersuchung an. 

Seit Anfang Juli haben wir die lang beantragte Genehmigung für die Sonographie. Ein Gynäkologe aus Wien, Dr. Epp, der uns für 3 Wochen besuchte, hat die ersten Frauen sonographiert und allem Personal und Gesundheitshelfern eine eindrucksvolle Fortbildung gegeben. Er demonstrierte mit einer selbstgebastelten Puppe und einem knöchernen Becken alle möglichen Geburtslagen und Komplikationen. Einen einheimischen Gynäkologen zur Fortsetzung der Vorsorge haben wir auch schon in Aussicht.

Papaya für die Fleißigen

Anne und Rolf Bucher radelten unermüdlich in die verschiedenen Dörfer und konnten recht viele Farmer motivieren, ihr kleines Landstück vorzubereiten und einzuzäunen, um verteilte Jungpflanzen und Gemüsesaatgut einzupflanzen. Als Belohnung für die Fleißigen gab es dann einen kleinen Papayabaum. Oft kamen sie abends glücklich zurück, wenn sie in einem Dorf fast alle Bewohner zum Anbau motivieren konnten. Auch die Moringaernte wurde an regenfreien Tagen durchgeführt, da der Monsunregen schon verfrüht eingesetzt hatte. 

Neues Ernährungsprogramm beginnt

Mit Caro haben wir in Rayerpukur ein neues Ernährungsprogramm eingeführt und mussten feststellen, dass viele kleine Kinder unter 2 Jahren eine Anämie von 7-8 g% Hb hatten. Die Kinder werden gestillt und eine Beikost mit weißem Reis setzt erst nach dem ersten Jahr ein. Anhand von selbstgemalten Schautafeln demonstrierte Caro, wie wichtig es ist, dass die Kinder ab dem 6. Monat mehr Eiweiß, Fett, Vitamine und Mineralien erhalten müssen. 

In einem weiteren Dorf haben wir unser Ernährungsprogramm umgestellt, indem Caro mit den Müttern zusammen zuhause kochte, damit sie das Gelernte auch gleich umsetzten. Meetings mit den Vätern folgten, um sicher zu gehen, dass sie auch ihre Zustimmung und dann auch das Geld dazu geben.

Um den Eisengehalt der Nahrung anzuheben sind wir auf der Suche nach entsprechenden Pflanzen. Unser indischer Landwirt Srikanta steht uns mit Rat und Tat beiseite und hat die Amaranth Pflanze angezüchtet und geerntet. Nun wollen wir in der Universität Hohenheim wieder die nötigen Analysen durchführen lassen.

Hungrige Affen und gefährliche Gifttiere

Unvermittelt bekamen wir im Krankenhaus Besuch von einem Affen, der zielsicher in den ersten Stock in den Essraum ging, eine Mango genüsslich aß und sich dann in das Tischtuch einwickelte und es sich auf dem Sofa bequem machte. Caro hatte ihn mit Mühe hinauskomplimentiert, worauf er neben der Rezeption sich das Treiben in der Wartehalle anschaute, um sich dann aus dem Staub zu machen. Leider gibt es auch gefährliche Tiere, die durch ihre nächtlichen Hausbesuche Leben bedrohen. So haben wir ein 6jähriges Kind durch einen Schlangenbiss in einem Dorf verloren, was uns alle in eine tiefe Traurigkeit stürzte.

Die Dorfsprechstunde in der Schule RSV macht viel Freude, mitzuerleben wie die Kinder mit viel Elan in der Natur herumspringen und sich frei entfalten können. Boro, der Schuldirektor stellt mir eine Frau mit ihren 3 Kindern vor, die verlassen, nun als Tagelöhnerin versucht, die Familie durchzubringen. 

Das jüngste Kind Bashunti ist sehr lebendig und aufgeweckt, hat nun die Schule verlassen, um der Mutter zu helfen. Wir überlegten eine Patenschaft, damit alle 3 Kinder wieder zur Schule gehen können. Auch hier drohte Gefahr, nachdem ein tollwütiger Hund ein Kind gebissen hat. Wir können es gleich ins Krankenhaus bringen, um die lebensrettende Impfungen durchzuführen.

Himmlische Hilfe

Am letzten Tag kam früh morgens eine Mutter mit einem Jungen zu mir und setzte sich ganz trostlos vor mich hin. Nach längerem Befragen zog sie einen halbzerrissenen Zettel aus ihrer Tasche, auf dem die Diagnose und Medikamentenrezeptur eines Krankenhauses stand. Er hatte eine Leukämie und war nun deutlich geschwächt. Ich nahm ihn gleich mit ins Krankenhaus und wir konnten ein Blutbild anfertigen, wo sich u.a. eine starke Blutarmut zeigte (Hb 4,2g%). Wir wollten ihn gleich ins staatliche Krankenhaus verlegen, jedoch müssen wir den Blutspender selbst besorgen und mitbringen, da es dort keine Blutvorräte gibt. Ich erinnerte mich, dass unser Priester, die gleiche Blutgruppe hatte wie er. Also rief ich ihn an und sogleich kam er angefahren und bat nur um ein frisches Infusionsbesteck….Die himmlische Hilfe ist uns sofort gewiss!

Nun können wir ihn nach Kalkutta in ein Spezialhospital bringen, wo er eine genaue Diagnostik und Therapie bekommen kann. Er sei wohl ein glänzender Poet, meinte sein Lehrer, der ihm den Weg zu uns gewiesen hatte.

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