Die lang erwartete Lizenz ist da!

Juni 2012

Hitzewelle

In Indien erwartete mich eine Hitzewelle von 46 Grad, die schon einige Hitzeopfer gefordert hatte. In den Dörfern fand ich fast bei jedem Kind eine mit Hitzebläschen übersäte Haut und ausgiebige Abszesse, die zum Teil die Gesichter recht verunstalteten. Ein Mitarbeiter von uns erkrankte nach einer Fahrt in den Norden, wo es 50 Grad hatte, an einem Hitzestich mit Sepsis. In unserem Krankenhaus lagen die Kinder auf dem Boden, da es mit zunehmender Höhe in den Betten wärmer wurde.

Neuanfang im Kinderkrankenhaus

Der erste Tag im Krankenhaus war Freud und Leid. Das begeisterte Wiedersehen und dann die Erkenntnis, dass unsere Sr. Pheelima sich nur noch der Physiotherapie gewidmet hatte,und die Kinder ganz in Vergessenheit geraten sind. Nach dem Abzug der Krankenschwester Rosaria aus dem Orden war die Kinderstation verwaist, und es kam kein Ersatz. Eine Hilfsschwester war den Aufgaben nicht gewachsen. Alles Personal wurde für die Physiotherapie eingesetzt. Es wurden auch keine Dorfbesuche mehr durchgeführt und Kinder aufgenommen, ebenso gab es keine Fortbildungen mehr für unsere Gesundheitshelfer aus den Dörfern. Der mühevoll engagierte Familienarzt wurde davon geschickt, da es keine Patienten gäbe. Der Kinderarzt war erkrankt. Um die Kinderstation nicht ganz verwaist mir präsentieren zu müssen, hat Sr. Pheelima rasch alle Physiotherapiekinder stationär aufgenommen. Unser Neuropädiater aus Kalkutta, der ein Mal im Monat kommt, konnte sich diesen Kindern ganz besonders dankbar annehmen.

Also hieß es, wieder von vorne anfangen. Gleich am ersten Tag lud ich alle Gesundheitshelfer für ein 2-tägiges Seminar ins Krankenhaus ein und habe mit ihnen alle Schritte praktisch eingeübt, um die Arbeit in den Dörfern wieder aufzunehmen. Also alle Kinder wiegen und messen, um die schwer Mangelernährten herauszufinden und ins Krankenhaus zu bringen. Ebenso die schweren Infektionen zu erkennen und uns auch zuzuweisen. Alle Schwangeren sollen in ein Vorsorgeprogramm mit Zusatznahrung und Vitaminen und Mineralien aufgenommen werden, um Komplikationen zu vermeiden und die Neugeborenen zu kräftigen. Auch die Tuberkulose-Kranken müssen erkannt und behandelt werden, da die TB deutlich am Zunehmen ist. Jeden Tag gingen wir in ein anderes Dorf, um Patienten zu behandeln und auf unsere Vorsorgeprogramme im Krankenhaus hinzuweisen.

Die Ernährungsprogramme sind ein Segen

Die Kinder in den Dörfern sind immer eine tiefe und berührende Begegnung. Die mit vielen Schweißperlen bedeckten Gesichter und ihr geduldiger Blick wecken sofort den Wunsch, diese Kinder zu schützen; das eigene Schweißbad wird dabei ganz vergessen. Die Ernährungsprogramme in den Dörfern sind ein wahrer Segen, die Kinder haben deutlich weniger Infektionen und sind aufgeweckter, jedoch ohne großen Gewichtszuwachs (außer bei den ganz schwer Mangelernährten).

Dorfbesuche - jetzt mit Auto

Mit unserem neuen Kleinbus ist es nun eine Leichtigkeit, die vielen Medikamente ins Dorf zu bringen und die Patienten mit ins Krankenhaus zu nehmen. Zur ersten Ausfahrt wurde das Auto vom Priester gesegnet!

 

Große Freude bereitete uns Sanjoy, der vor zwei Jahren am Herzen operiert wurde. Wir fanden ihn stark unterernährt vor zwei Jahren beim Dorfbesuch und durften jetzt sehen, wie er sich nun schön entwickelt hat. Aktiv und aufgeweckt kletterte er auf die Stühle und wollte als erstes untersucht werden. Sein Sprachfluss war nicht zu bremsen! 

Die Tuberkulose ist am Zunehmen

Der erste neue Patient im Krankenhaus war auch gleich ein Kind mit Wirbelsäulen-Tuberkulose und Psoas-Abszess am Gesäß. Noch hatte das Kind keine Lähmung und somit gute Aussichten auf eine Heilung nach ausstehender 7-monatiger Therapie. Langsam hat sich die Kinderstation wieder gefüllt.

Wie ein Wunder!

Gleich am Anfang luden wir den Arzt vom Gesundheitsamt ein, um an unserem Seminar für die Gesundheitshelfer teilzunehmen. Er hat auch gleich mit unterrichtet. Für unsere Lizenz stand noch eine Genehmigung vom Feuerschutzamt an. Die konnten wir rasch herbeischaffen, und dann hat er sich doch sehr aktiv beim Hauptgesundheitsamt für uns eingesetzt. Wie ein Wunder erschien es uns, als wir endlich nach 15 Monaten unsere Lizenz in den Händen hielten, also nun offiziell arbeiten dürfen!

Abschied von unserer Ärztin

Nun stand auch der Abschied von unserer geliebten Sr. Pheelima an, mit der wir alles aufgebaut hatten und sehr zusammengewachsen waren. Die neue Ordensschwester Sr. Lici ist eine Krankenschwester und bringt eine reiche Erfahrung mit, die wir dringend brauchen. Gleich am ersten Tag hat sie sich voller Begeisterung auf unser Krankenhaus eingelassen und will auch rasch eine Entbindungsstation einrichten. Eine große Bereicherung war auch unsere deutsche Kinderkrankenschwester Simone, die sich ganz unkompliziert auf diese ungewisse Situation eingelassen hat und nach einer ausgiebigen Analyse gleich zupackend an aufbauenden Strukturen dran blieb. Alle medizinischen Geräte, die in den Schränken gut verschlossen waren, kamen nun täglich zum Einsatz. Also jeden Tag wurde jetzt ein EKG geschrieben. Das Personal war begeistert und scharte sich um sie. Die sprachlichen Barrieren waren kein Hindernis. 

Unsere neue Sr. Lici hat sofort festgestellt, dass mit einer Hilfsschwester keine Station zu bewältigen ist und hat zusammen mit Simone einen neuen Dienstplan mit 4 Hilfskrankenschwestern erstellt. „Das muss aber jetzt sooo laufen“ war ein bewährter Spruch von Simone. Es geht nur durch ein gemeinsames tägliches Tun. Wir haben mittlerweile auch wieder 2 Kinderärzte und den befreundeten Familiendoktor, der sich erneut auf uns eingelassen hat und die Schwangeren sehr gründlich untersucht.

Heilpflanzenseminar

Ich konnte wieder Fr. Meloo von den Jesuiten zu einem 3-tägigen Heilpflanzenseminar in unserem Krankenhaus zusammen mit unseren Gesundheitshelfern einladen, wo reichlich Tabletten, Sirup und Öle hergestellt wurden. Mit unserem Landwirt Srikanta wollen wir nun 3 Heilpflanzengärten an verschiedenen Orten einrichten.

 

Im Schulgarten sind schon Moringabäume am Wachsen, welche die Kinder künftig mit den notwendigen Mineralien und Vitaminen versorgen sollen.

Aufbau eines Netzwerkes mit Helfern und Ärzten

In unserer Ambulanz erschien ein 10-jähriges Mädchen mit einem abgeheilten Lymphknotenabszess am Hals. Da wir dies bereits schon öfters bei TB-Infizierten gesehen haben, nahmen wir sie zur Abklärung stationär auf. Sie hatte auch eine Lungenentzündung und eine Myokarditis (Herzmuskelentzündung). Wir wollten sie ins Regierungskrankenhaus zur Aufnahme weiterleiten, dort wurde sie nach langem Warten abgewiesen. Am nächsten Tag brachten wir sie zum Kardiologen, der sie nicht untersuchte und lediglich ein UKG (Ultraschall des Herzens) empfahl. Sie hatte deutlich Atemnot. Bei uns zeigte sie ein Blutdruck von 180/140. Ich brauchte jemanden, der mit nach Kalkutta fährt, um sie dort in eine Kinderklinik zu begleiten.

Unser Freund Nilu aus dem Dorf Ghosaldanga hat diese Fahrten schon öfters gemacht, also fragte ich ihn erneut. Er wollte jedoch lieber eine permanente Anstellung. Es ergab sich zeitgleich, dass ein Großgrundbesitzer, der für uns einen Heilpflanzengarten anlegen wollte, seinen Landarbeiter wegen einer Erkrankung verloren hatte. Also bot ich ihm Nilu als Ersatz an, der dann auch gleich einwilligte, mit unseren Patienten nach Kalkutta zu fahren…. Die Verwicklungen sind manchmal sehr komplex. Dort hat das Kind durch unseren befreundeten Kinderarzt Dr. Swapan sogleich die notwendigen Therapien erhalten und eine TB Behandlung wurde umgehend begonnen.

Kinderstation wieder gefüllt

Bei meiner Abfahrt war die Kinderstation wieder gefüllt. Es werden auch immer wieder Kinder vorgestellt mit unbekannten Krankheitssymptomen wie zum Beispiel multiplen Hautfibromen.

 

Wohlwissend, dass alles noch auf instabilen Beinen steht, überwiegt in mir die Zuversicht, dass die Kinderstation wachsen kann und zu einem Ort des Zulaufes von schutzbedürftigen Kindern wird. Die Gebete sind eine tragende Stütze und eine tiefe Erfahrung Gottes.