Die Kinderklinik füllt sich

September 2012

Mit der neuen Ordensschwester Lissy hat unsere Kinderklinik eine herzliche und sehr kooperative Unterstützung bekommen. Sie wundert sich zwar sehr über unsere naturheilkundlichen Ansätze und ist der Meinung, in Deutschland gäbe es keine Infektionen. Jedoch konnten wir sie davon abhalten, jedem Kind mit Fieber Ceftriaxon zu spritzen. Nach drei Wochen hat sie schon selbstständig zu unseren Globuli gegriffen und in der Ambulanz die Kinder damit versorgt.

Neben den vielen neurologischen Patienten waren auch gleich zwei Kinder mit Wirbelsäulentuberkulose dabei. Wir konnten die beiden Kinder in ein TB Zentrum nach Kalkutta schicken. Dort wurde eine auswärtige Untersuchung notwendig, wozu Mutter und Kind hingeschickt wurden. Beide waren zum ersten Mal in Kalkutta und konnten sich in dieser brodelnden Großstadt nicht zurechtfinden. Auf dem Rückweg verliefen sie sich und irrten umher und sind erst im Morgengrauen nach vielen Telefonaten wieder an ihren Ursprungsort zurückgekehrt. Nun hat sich ein Gesundheitshelfer aus dem Dorf bereit erklärt, nicht nur die Fahrt nach Kalkutta, sondern auch regelmäßige Besuche bei unseren Patienten in Kalkutta zu unternehmen.

Unser Krankenhaus ist in den uns vertrauten Dörfern schon so gut angenommen, dass die Patienten von sich aus kommen und gerne bei uns bleiben. Ansonsten ist es schwierig die Kinder bis zur Gesundung zu behandeln, da die Mütter auf dem Feld dringend gebraucht werden und ihre Männer um Erlaubnis fragen müssen. Oft kommen sie dann erst im letzen Moment, wenn das Kind schlecht dran ist. Subojit, ein mangelernährtes Kind mit Atemnot, musste wieder nach Hause, weil der Vater die Mutter zum Kochen benötigte und der Not des Kindes nicht gewahr wurde. Drei Tage später kam sie wieder mit einer schweren Pneumonie beim Kind.

Ein schwer mangelernährtes Kind mit vier Monaten, wog gerade 2500 Gramm und wir konnten es gut aufpäppeln. Ebenso war eine Mutter-und-Kind-Gruppe aus Bishnubati zur Ernährungsberatung in unserem Krankenhaus. Wir unterrichteten die Mütter über gesunde Ernährung und ließen sie mitkochen. Nun erkannten sie den Zusammenhang zwischen Mangelernährung und Lernschwäche und sie waren lebendig dabei miteinander ihre neuen Ideen auszutauschen. Zur Anpflanzzeit im November bekommen sie Saatgut, damit sie in einem kleinen Küchengarten das notwendige Gemüse und Obst anbauen können.

Hilflos erschien in unserer Ambulanz eine Mutter mit ihrem Kind, nachdem ihr Mann sie verstoßen hatte und sie nun bei ihren kranken Eltern unterkommen konnte. Beide waren stark mangelernährt. Wir wollten sie sofort aufnehmen, jedoch wollte sie ihre Eltern nicht alleine lassen. Durch unsere Gesundheitshelfer mussten wir nach ihr suchen.

Unsere Schwester Lissy ist auch eine erfahrene Hebamme, so dass wir für nächstes Jahr die Einrichtung einer Entbindungsstation planen. Dr. Adhikari, der Rotarierpräsident und Gynäkologe, will nächstes Jahr bei uns mitarbeiten. Wir haben bereits den Kostenvoranschlag eingeholt.

Werbung um einen eigenen Kinderarzt

Intensiv waren wir mit der Arztsuche beschäftigt, um eine permanente Besetzung für unsere Patienten zu finden. Doch der allgemeine Ärztemangel sowie die Sicherheiten eines Regierungsjobs machen dies schwierig. Zwei Kinderärzte und ein Familiendoktor kommen einmal wöchentlich. Dazu haben wir die Unterstützung eines Neuropädiaters ein Mal im Monat. Wir umwerben die Kinderärzte, die auch gerne in unserem sauberen und gut eingerichteten Kinderkrankenhaus arbeiten. Dr. Dotto, ein Kinderarzt, wird immer interessierter und spricht schon von „unserem“ Krankenhaus und berät, was „wir“ gut einfädeln müssen. Wir hoffen auf seinen ganzen Einsatz.

Schwierig ist es, die Patienten mit Verdacht auf Tuberkulose regelmäßig zu bestellen. Sie kommen oft nicht wieder und wir müssen sie ausfindig machen und durch unsere Gesundheitshelfer im Dorf wieder in die Klinik holen. Eine Frau mit vielen aufgebrochenen Lymphknoten am Hals kam zum Glück noch am letzen Tag und wir konnten die Therapie nach bestätigter Diagnose beginnen. Schwester Lissy fragte sofort nach ihren kleinen Kindern, um ihnen auch eine präventive Therapie zukommen zu lassen.

Ein großer Fortschritt war es, dass unser Labor nun mit einem Laboranten besetzt ist und wir täglich Blutuntersuchungen durchführen können. Auch bekommen wir Kinder von den lokalen Kinderärzten zur Fototherapie geschickt, um die Neugeborenengelbsucht zu behandeln. Unsere Köchin in der Küche wurde nochmals über die Ernährungspläne für unsere mangelernährten Kinder ausführlich instruiert. Schwester Lissy kaufte gleich einen ganzen Bus voll Nahrungsmittel ein.

Teamaufbau

Die Frau eines unserer Kinderärzte unterrichtet nun die Hilfskrankenschwestern ein Mal pro Woche in Physiologie und Anatomie und konnte es kaum erwarten bei uns mitzuarbeiten. Eine weitere Krankenschwester, die auch gerne Mütterberatung durchführen wollte, wurde jedoch von ihrem Mann zurückgepfiffen, da er in seinem Rentenalter nicht ohne sie auskommen kann.

Wir bekamen von einem befreundeten Uni-Professor einen Studenten und einen Doktoranden zur Verfügung gestellt. In einem Dorf konnten wir ein TB-Suchprogramm mit dem Studenten durchführen und fanden 30 Verdächtige, die nun ärztlich untersucht werden. Besonders haben wir dabei die Kinder im Auge, die dringend eine Präventiv-Therapie benötigen, dass sie nicht zwei Jahre später auch an TB erkranken.

Den Doktoranden haben wir in unserem Ernährungsprogramm eingesetzt, wo er mit Familienbesuchen den Erfolg an den Kindern prüft und die Mütter beim Erweitern der Kochgewohnheiten unterstützt. Besonders ist er auch für die Vitamin- und Mineralienvergabe verantwortlich und kann nach der Auswertung des Programmes neue Ideen entwickeln.

Mit unserem Landwirt Srikanta haben wir in vier Dörfern ein Sanitäts-Programm begonnen, wobei die Hygiene verbessert wird, indem regelmäßig Seife verteilt und ihre Anwendung eingeübt wird. In diesen Dörfern werden mit Interviewbögen die mangelernährten Kinder und TB-Verdächtigen ausfindig gemacht. Auch alle Schwangeren bekommen das Angebot zu einer regelmäßigen Schwangerschaftsvorsorge mit Vitaminvergabe in unserem Krankenhaus.

Aufbau von Dorftoiletten und Waschhäusern

Eine große Annahme finden unsere Wasch- und Toilettenhäuser. Eines wurde gerade in Bautijol fertig gestellt, wo es für die Frauen keine Möglichkeit gibt, aufs umliegende Feld zu gehen. Sie stehen zum Teil morgens Schlange. Ein neues ist in Bishnubati im Bau.

Die angefangene Entenzucht wirft auch reichlich Entenküken ab. Zehn davon werden an die nächste Familie weitergegeben, so dass sie auch in den Genuss von Enteneiern und später Entenküken kommen. Im nächsten Dorf ist eine Hühnerzucht mit zwei Familien geplant und die Küken werden ebenfalls weitergegeben. Dies muss organisiert und von einem Tierarzt begleitet werden, da die Tiere auch rasch von schweren Krankheiten heimgesucht werden.

Besuch von Würth

Am ersten September bekamen wir Besuch von mehreren Managern der Würth Gruppe. Zusammen genossen wir einen schönen Tag in den Dörfern, wo Tänze von den Schulkindern aufgeführt wurden. Im Krankenhaus gab es einen Empfang, wo die umliegenden Ärzte eingeladen wurden. Auch die Vizebotschafterin und der Direktor der deutsch-indischen Handelskammer waren dabei. Die Delegation wurde nach Santal-Ritus mit einer traditionellen Fußwaschung begrüßt. Eine Niederlassung von Würth in Mumbai eröffnet eine Akademie mit Studenten und möchte diese zum Sozialpraktikum in unser Krankenhaus schicken.

Ausblick

Unser Krankenhaus findet langsam mehr Akzeptanz. Das Einrichten einer präventiven Versorgung, was bis dahin unverständlich war, wird von den Dorfbewohnern angenommen und von den Mitarbeitern langsam verstanden und mitgetragen. Unsere Vision, dem Leben die Hand zu reichen, bleibt greifbar. Voller Freude und Dank können wir miterleben, wie Kinder sich gesund und lebendig entwickeln. Gottes Segen begleitet uns – das dürfen wir immer wieder kraftvoll erleben.

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