12 Jahre St. Mary Krankenhaus

Februar 2023

 

Direkt neben unserem Krankenhaus ist die Kirche, welche gerade ihr 25-jähriges Jubiläum feiert. Die Anfänge habe ich noch miterlebt, wie in einem kleinem Raum Messe und Versorgung von Patienten durch den Priester und unsere Schwester Pheelima (Karmeliterin und Ärztin) geschah. Dort ist auch die Idee gewachsen, gemeinsam ein Krankenhaus zu bauen. Nun steht hier eine wunderschöne neu gebaute Kirche, bestimmt 20 Priester und viele Ordensschwestern, die diese Messe mit 3000! Menschen feiern. Eingangs mit einer Fußwaschung, dann beginnt mit lebendiger Musik und Tanz die Messe. Es werden anschließend alle 3000 Menschen auf der Wiese gespeist, was an die Brotvermehrung erinnert.

Mittlerweile sind wir mit unserem Krankenhaus unabhängig geworden und können nun die Lizenzen in unserem Namen - auf Shining Eyes - neu beantragen. Dies ist mal wieder ein langer Parcours. Unter anderem müssen wir eine Abwasser Kläranlage bauen, damit dann unser gereinigtes Wasser in die öffentlichen offenen Abwasser-Rinnen fließen kann, welche mit allem Müll, Dreck, Exkrementen und Blut vermischt sind und schließlich dann in den Fluss münden. Aber einer sollte ja mal anfangen!

Verhütung für alle...?

 

Wir hören von den Müttern, die zur Neugeborenen-Vorsorge kommen, dass sie ungefragt und zum teil gegen ihren Willen nach der Entbindung im Regierungskrankenhaus eine Kupferspirale zur Verhütung eingesetzt bekommen. Sehr oft kommen sie nun zu unseren Gynäkologen ins Mary Krankenhaus, um diese Spirale wieder entfernen zu lassen. Dies ist ein Regierungsprogramm und keiner kann entkommen. Der Vorteil im Regierungskrankenhaus ist, dass meist Spontangeburten möglich sind. Währen in den kostenpflichtigen privaten Nursing Homes keine solche Verhütungsmaßnahmen vorgenommen werden, müssen die Frauen jedoch meist per Kaiserschnitt entbinden, da der Arzt nicht warten kann, bis das Kind zur Welt kommen möchte.

 

Auch ist die Müttersterblichkeit unter Geburt noch immer wieder anzutreffen. Zu uns kommt ein 3-jähriges Kind mit seiner Großmutter, was schwer atmet.

Die Mutter ist unter der Geburt (Kaiserschnitt) gestorben und so das Kind nun bei ihr, da der Vater dem Alkohol zugeneigt ist. Es hat ein lautes Herzgeräusch und im Röntgenbild zeigt sich ein Riesenherz und eine Lungenentzündung. Beide wirken ganz hilflos und verloren.

 

Täglich rufen wir sie an...

 

Sukomoni, unsere Diabetes Patientin, um die sich Waltraud und Martin Merkle sehr bemüht hatten, um ihren Blutzucker von 500mg% auf ein akzeptables Niveau zu senken, und die eine liebevolle und ausführliche Einweisung von ihen bekam, hatte plötzlich alles vergessen. Sie war im November ganz verzweifelt bei uns gewesen und bangte um ihr Leben. Nun hat sie alle Therapie-Anweisungen über Bord geworfen und als ihre Medikamente ausgingen, ihren kranken Vater zu uns geschickt, statt selbst zu kommen. Wir rufen sie täglich an, jedoch kommt sie nicht...

Es gibt immer noch bestimmte Rituale bei den Santals, wie z.B. das Bestreichen der Fontanelle mit Lehm und einem Farbzusatz, der mittlerweile aus einer Chemikalie besteht, während früher Naturprodukte wie Blütenstaub verwendet wurden. Er wird fest in die Fontanellenlücke gedrückt, um den vermeintlichen Defekt auszugleichen. Wir haben davon deutlich abgeraten!

 

Dorfleben

 

Die Umgebung der Dörfer hat sich in den letzten Jahren wenig verändert: grüne Reisfelder, gelbe Senfblüten und viel Schafe und Ziegen sind auf den nun befestigten Wegen ins Dorf anzutreffen. Tatsächlich gibt es einen neuen Friseurladen am Dorfeingang, eine Hütte aus Strohbüschel und einem Wellblechdach mit Blick in die schöne Natur. Aller Bärte werden mit der gleichen Rasierklinge geschnitten! Frauen brauchen darin nicht Platz zu nehmen, da sie ja schöne lange Zöpfe haben.

 

Tuberkulose - noch immer allgegenwärtig

 

Fast jeden zweiten Tag erscheint bei und ein hilfloser Patient, der an Tuberkulose leidet. Ebenso der 11-jähriger Rajesh, der seit fünf Monaten krank ist, hustet und stetig abnimmt. Es konnten im Sputum-Test keine Tuberkulose-Bakterien nachgewiesen werden, damit war ihm der Zugang zu einer TB-Behandlung versagt geblieben. Das Röntgenbild, das wir anfertigen, sieht jedoch ganz nach einer ausgedehnten Tuberkulose aus, ebenso ist die TB auch auf den Darm weiter übergegangen. Nun sind die TB-Medikamente vom Markt genommen worden, nur noch staatliche TB-Stellen dürfen diese ausgeben, wenn eine Verordnung eines indischen Arztes im Regierungskrankenhaus ausgestellt ist. Also bringen wir das Kind mit allen Befunden dort hin, da es sowieso eine Bluttransfusion benötigt. Am nächsten Tag wird es mit der Diagnose Thalassämie entlassen, wofür kein Anhalt vorliegt... also bleibt der Junge ohne TB-Medikamente... Sofort bringen wir ihn wieder ins Krankenhaus und bestehen auf die TB-Verordnung. Schließlich haben wir sie und müssen die Medikamente im weit entlegenen Wohnort beim TB-Zentrum abholen... Alles mit dem schwer kranken Kind... Hauptsache die Behandlung beginnt nun bald!!!

Es gibt in Indien keine funktionierende Krankenversicherung oder soziale Absicherung. Wenn ein Familienmitglied krank wird, bedeutet dies ein Zusammenbrechen des Familienlebens und führt auch rasch zu einem hoffnungslosen Hinnehmen des Schicksals. Oft wendet sich der Ehemann ab, da er die Kosten nicht tragen kann und mit einer kranken Frau auch nichts anfangen kann, da sie ja doch für die Feldarbeit, Kochen und Waschen gebraucht wird. Das Leben der Armen schmerzt tief, da sie, wenn sie krank sind, alleingelassen und völlig hilflos sind.

 

Neugeborenenvorsorge, unser Herzstück...

 

Wir führen nun im Krankenhaus täglich Vorsorgen für Neugeborenen und Säuglinge aus 42 umliegenden Dörfern durch. Dabei entdecken wir immer wieder verschiedene Krankheiten bei dein Kindern, die einer raschen Intervention bedürfen. Tunusree, ein 5-monatiges Mädchen, gut entwickelt, hatte am Hinterkopf eine tischtennisgroße Ausstülpung, was sich als eine Meningomyelocele herausstellte. Die Santals sind ärztliche Besuche nicht gewohnt, da sie kein Geld haben oder auch rasch abgefertigt werden und die Medikamente doch nicht kaufen können. Unser Kinderneurologe Dr. Swapan hat sich der Sache angenommen und wir haben gleich das Kind in ein Krankenhaus nach Kalkutta gebracht, wo eine chirurgische Versorgung stattfinden kann und die Kosten dann von Shining Eyes getragen werden können.

 

Wir feiern - 12 Jahre St. Mary

 

Am 11.Februar konnten wir unser 12-jähriges Jubiläum vom St. Mary Krankenhaus feiern. Dazu haben wir ehemalige Patienten eingeladen, um gemeinsam mit Spielen, Tanz und einem reichhaltigen Essen zu feiern. Robin, 17 Jahre, der einst eine schwere Knochentuberkulose hatte und um sein Leben kämpfte, rennt nun beim Spiel (Reise nach Jerusalem) um die Wette, als wäre nicht gewesen. Auch ist er mittlerweile verheiratet und hat ein Kind... sehr berührend - vor diesem Wunder zu stehen. Ich spüre dankbar, wie wir durch all die Jahre in Gottes Gnade stehen durften.

 

 

Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

(Matthäus 25, 40)