Erstmal Überleben sichern.... und dann Regeln erfüllen

 

Juli 2018

Auf der Fahrt vom Flughafen kam es gleich bei der Einfahrt nach Bolpur zum ersten Einsatz. Unser Tuktukfahrer hielt uns an und erzählte, dass er gerade unseren Hospitals-Arzt zum Kardiologen gefahren hat und er nur ganz schlecht Luft bekam… Sofort fuhren wir zu ihm nach Hause und fanden ihn mit Atemnot vor. Das EKG sah nach einem Herzinfarkt aus.

Wir brachten ihm gleich das Sauerstoffgerät aus unserem Krankenhaus und meldeten ihn in Kalkutta im Hope Hospital an, wo er drei Tage dann auf der Intensivstation lag... Trotz schwerer Herzinsuffizienz wollte er lieber wieder heim zu seiner Familie… Wir hatten unsere ganze Hoffnung auf ihn gesetzt, dass er nun ganztags bei uns arbeitet, so wie es nun die neuen Regeln der Gesundheitsbehörde eingefordert hatten.

….wie durch ein Wunder erholt er sich zunehmend und ist uns dankbar, dass wir ihn sofort versorgt hatten.

Ärztenot - wie die Richtlinien erfüllen...?

Unser Krankenhaus bekam einen unerwarteten Besuch vom Gesundheits-Inspektor am Abend, wo ausnahmsweise keine Krankenschwester da war. Die lokalen Ärzte kommen nur vormittags zur Sprechstunde und unsere Krankenschwester ging gerade einkaufen… Unsere Hilfsschwester, die schon sieben Jahren mit uns arbeitet bekam vor lauter Schreck keinen Ton heraus auf seine Fragen, was den Inspektor sehr erboste, sodass er unsere Kinderklinik schließen wollte…

Wir kamen gerade in dem Augenblick in sein Büro, als der Brief zur Schließung der Klinik schon zur Hälfte geschrieben war. Durch unsere Präsentation konnten wir den Sekretär und später auch den Inspektor überzeugen, unser Krankenhaus noch weiterlaufen zu lassen. Er meinte, wir sollen die Regeln zu 60% erfüllen, 40% könne er bewältigen, d.h. wir müssen einen indischen Arzt für 24 Stunden täglich anstellen… Leider gibt es diesen nicht, der dafür bereit steht… Nach 30, höchstens 60 Minuten, laufen die Ärzte rasch wieder zum nächsten Einsatz.

Patienten kommen reichlich

Gerade am ersten Tag im Krankenhaus angekommen schickt uns ein Priester einen schwer kranken Mann mit der tropischen Leishmaniose, den wir notversorgen und weiterverlegen. Es kommt ein 15-jähriges Mädchen mit einer sehr seltenen Herzkrankheit (Takayasu) und deutlicher Sauerstoffnot, das wir verlegen müssen… In der Nacht dann ein kleines 11 Tage altes stark untergewichtiges Kind mit 1,1 Kilo, das ebenso mit Herzproblemen ins Regierungskrankenhaus verlegt werden muss, was jedoch nach einer halben Stunde wieder zu uns zurück verlegt wird. Zum Glück haben wir dieses Mal auch eine versierte Kinderärztin, Claudia bei uns, die gleich aktiv mitwirkt.

Neue Sozialarbeiterin

Wir haben eine neue Sozialarbeiterin Jesmin, die in den Dörfern unser Ernährungsprogramm betreut und sich rasch mit den Frauen und Kindern im Dorf gut verständigt und darum bemüht, die Ernährungsgewohnheiten zu ändern und die Mütter der Kinder anzuleiten, eine NutriMix Mahlzeit (ölhaltiger Linsen-Weizen-Milchbrei) mit Gemüse oder Obst zuzubereiten und ihrem Kind zu füttern, um der Mangelernährung und den Anämien entgegenzuwirken.

Daneben führen wir verschieden Aufklärungsprogramme durch, diesmal über Gebärmutterhalskrebs und bieten ein Vorsorge-Screening in unserem Hospital an. Die Frauen sind sehr dankbar, ihre medizinischen Frauenprobleme nun in der wöchentlichen gynäkologischen Sprechstunde ansprechen zu können, auch die Männer in den Dörfern melden Beratungsbedarf an.

Zum Glück den Weg gefunden

Ein ganz geschwächter Junge, 7 Jahre alt, sichtlich leidend sitzt ganz zusammen gesunken in unserer Aufnahme. Es stellt sich heraus, dass er eine ALL (akute lymphatische Leukämie) hat und in einem Krankenhaus in Kalkutta schon anbehandelt wurde, jedoch jetzt keine Finanzen mehr da sind, um die weitere Behandlung durchzuführen.

Nach einer ersten Untersuchung fahren wir ihn und seine Mutter mit unserem Ambulanzwagen nach Kalkutta in das Hope Hospital, wo er durch einen Onkologen weiter betreut wird… Zum Glück hat er den Weg zu uns gefunden!

Erstmals aus dem Haus hinaus...

Ein Sonntag mit einem weitem Spektrum: Die Mutter eines Angestellten haben wir mit zu einem Dorfbesuch genommen. Noch nie in ihren 55 Jahren war sie aus ihrem Haus herausgekommen, geschweige denn in einem Auto gesessen. Sie hatte sich ihren schönsten Sari angezogen und saß thronend im Auto und staunte über alles was uns auf der Straße begegnete: Gänse, Ziegen, Lämmer, die wir zum Teil wegtragen mussten, um weiterfahren zu können. Im Dorf bekam sie von der Gastfamilie ein kleines Essen angeboten, über das sie sich so freute und mit Grinsen unaufhörlich aß… Noch nie wurde sie jemals als Gast aufgenommen und bekam ein Essen angeboten.… Voller Freude kehrte sie mit uns zurück und hat nun ein tagelang füllendes Gesprächsthema.

Am Abend kamen dann honorige Leute vom Rotary Club zu Besuch, die sehr strukturiert und überzeugend ein weiteres Projekt anbieten wollten und sich die Ergebnisse von unserem letzten Programm mitteilen ließen. Sie baten darum, dass wir keinen anderen Rotary Club damit engagieren sollten. So finden wir doch gute Resonanz… Natürlich habe ich gleich die Chance genutzt und unsere dringende Suche nach einem Krankenhausarzt weitergegeben….

Vitamin-Mangel bleibt akut

Mit viel Freude konnte ich wieder einmal die Dorfschule Arisbi besuchen, wo gleich 50 Vorschulkinder untersucht werden wollten. Wir haben kaum Kinder mit Anämien gefunden, jedoch deutlichen Vitamin-A-Mangel mit den entsprechenden Augenveränderungen. So bleibt der Vitaminmangel ein ganz akutes Problem und muss immer wieder neu aufgeklärt und behandelt werden.

Erstmals das Überleben sichern

Eines der Vorschulkinder weinte bitterlich als es vor mir saß und erst unserer Helferin Leena konnte ihre Not erklären: Der Vater fortgelaufen, muss nun die Mutter ihre drei Kinder ernähren und arbeitet täglich auf dem Bau und ist nun ernsthaft erkrankt…. Also bestellen wir sie zu uns ins Krankenhaus und müssen feststellen, dass sie gerade noch 35 Kilo wiegt und ganz abgemagert ist.

Sie hat eine Unterleibs-Erkrankung mit Dauerblutung und dazu noch Nierensteine. Sie hat von einem Gynäkologen Medikamente verschrieben bekommen, die einen Monatsgehalt ausmachen. Dieses Geld musste sie bei ihrem Bauherrn ausleihen. Nun hat die Familie nichts mehr zu essen, da sie vorläufig nicht arbeiten kann. Wir haben sie in unsere Obhut genommen und erstmals das Überleben gesichert….

Das ist eine gute Frage !!

Wir wollen eine Lehrküche einrichten und haben dafür Tische und Stühle von einem Schreiner nach einem Architektenplan anfertigen lassen, was im Flur geschah… Aber oh weh, der Tisch ist zu groß und passt nicht durch die Türe in den Küchenraum…. Als wir den Schreiner anfragen, wie nun der Tisch am besten in den Raum käme, meinte er nur: „das ist eine gute Frage“ !!!!!!

Gottes weites Wirken

Dankbar und glücklich für Gottes Einwirken, können wir nun unser Krankenhaus erst einmal weiterführen, obwohl wir noch nicht die Auflagen erfüllen können. Im Vertrauen und durch Seinen Segen durften wir wieder viele kleine Patienten versorgen und das Überleben sichern. Nun wollen wir uns weiter bemühen, diesen Arzt zu finden, der 24 Stunden täglich bei uns verweilt.